Landratswahl – 2 Fragen an 5 Kandidaten

Lesedauer 4 Minuten

Ein wegen Untreue rechtskräftig verurteilter Politiker musste den Stuhl des Landrats räumen und annähernd alle politischen Gruppierungen im Landkreis buhlen um die Neubesetzung am 17. Juli.   Während andere ihren Kandidaten erst noch ermitteln mussten, verabschiedete sich der Kandidat der „Grünen“ wegen „Schlägerei-Ermittlungen“ bereits aus dem Rennen. Politik und Justiz, im Landkreis einander besonders zugetan. Ein Grund mehr, die Kandidaten nach ihren Ansichten dazu zu befragen.

Politisches Personal im Landkreis Pfaffenhofen scheint ein besonders angespanntes Verhältnis zur römischen Göttin Justitia zu haben. Der Frau mit dem Richtschwert und der Waage, die Symbole für sich durchsetzende Härte aber auch sorgfältigen Abwägens, wurden zum Leidwesen sich privilegiert fühlender Zeitgenossen aus Gründen der Objektivität die Augen verbunden.

Da half auch kein Bürgermeister-, Landrats-, Kreis- oder Stadtratsmandat. Ohne Ansehen der Person wurden Urteile gesprochen, Strafen verhängt oder Gehälter gekürzt. Und dort, wo Verfehlungen noch auf die Neigung der Waagschale warten, rechnet man offensichtlich mit Ansehensverlust und zieht politische Kandidaturen, wie die zum Landrat, lieber wieder zurück.

So geschehen bei den „Grünen“ im Landkreis. Deren Landratskandidat Norbert Ettenhuber, zog wegen einer „Schlägerei“ am Ostermontag seine Landrats-Kandidatur wenige Tage nach der „handfesten“ Auseinandersetzung zurück. Mit dem absehbaren Spruch „Ein Grüner sieht rot“ konfrontiert , befürchtete er im Wahlkampf statt der Auseinandersetzung mit Grünen Sachthemen , eher Spekulationen über „wer schlägt wen?“ im Landkreis. In einem wunderlichen offenen Brief, in dem Norbert Ettenhuber mehr Fragen anreißt als er selber beantworten will, meint er am Ende den Grund für seinen Verzicht auf die Kandidatur erkannt zu haben:

Das Amt des Landrates erfordert eine hohe Glaubwürdigkeit, kein „Vielleicht“, keinen „Zweifel“, keinen „Filz“, vor allem aber „Entschlossenheit“!

Und mit eben dieser Entschlossenheit sprang letzte Woche das Geisenfelder „AUL„-Mitglied Günter Böhm in diese mikroskopisch klein zu nennende Kandidaten-Lücke.

Die AUL (Aktive Unabhängige Liste), ein Sammelbecken für politische Splittergruppen quer durch den Landkreis, wollte zuerst wegen der „gut funktionierenden“ Fraktionsgemeinschaft im Kreistag gegen „Grüne“ und „ÖDP“ keinen eigenen Konkurrenzkandidaten aufstellen.

Nach dem Rückzug von Ettenhuber war man bei der AUL nun der Meinung, die Aufgabe „Landrat“ doch stemmen zu können. Zumal der kleinen AUL die großen Themen Energiewandel, Umwelt, Bildung sowie Wirtschaft und Arbeit im Landkreis „auf den Nägeln brennen“, so deren Landratskandidat Günter Böhm laut Meldung des Pfaffenhofer Kurier.

Böhm, am 23. Mai bei der Aufstellungskonferenz im Langenbrucker Gasthof Fröhlich als einziger Kandidat nominiert und auch gewählt, stelle sich dieser Aufgabe gerne! Schließlich sei man „zu dem Schluss gekommen„, so Böhm bereits am 18.05.2011 in der Einladung zur Nominierungsversammlung, „dass eine Kandidatur für die AUL durchaus Sinn macht und in der gegenwärtigen Situation nicht ganz chancenlos ist„.

Update Mittwoch 25.05.2011 – Alle Kandidaten stehen fest:

CSU –   Martin Wolf (55), Stadtrat Pfaffenhofen, Kreisvorsitzender der PAF-CSU
SPD –  Franz Rothmeier (61), stellvertretender Landrat
FDP –  Rainer Daschner (42) stellvertretender Kreisvorsitzender PAF-FDP,
FW –  Rolf Deml (42), kein politisches Mandat
AUL Günter Böhm (60), Stadtrat Geisenfeld, Kreisrat

Wie die Chancen der einzelnen Kandidaten auch sein mögen, besonders interessant dabei sind zwei Fragen:

Wie halten es die Kandidaten mit Verfehlungen? Spielen sie im politischen Geschäft als Landrat eine Rolle, oder hätte ihrer Ansicht nach der Kandidat der Grünen seine Kandidatur grundlos zurück gezogen? Und: Wie halten es die Kandidaten mit einer verkürzten Wahlperiode?

Auf diese beiden Fragen haben wir heute um 12:27 Uhr alle Kandidaten per e-mail um Antwort gebeten.

Hier die e-mail im Wortlaut:

Sehr geehrter Kandidat für die Wahl zum Landrat am 17. Juli 2011 im Landkreis Pfaffenhofen.

Als kommunalpolitische Internetplattform im Landkreis möchte die Internetseite „Bürgersicht.de“ ihren Lesern bei der anstehenden Landratswahl ein klein wenig Entscheidungshilfe geben.

Bei dieser Landratswahl, wegen eines rechtskräftigen Urteils gegen den bisherigen Amtsinhaber in einer „Zwischen-Wahl-Periode“ erforderlich, sehen wir besonders zwei Fragen im Fokus des Wählerinteresses:

  1. Ist es aus Ihrer Sicht angemessen/geboten, wegen laufender juristischer Ermittlungen, eine Kandidatur zurück zu ziehen (wie aktuell bei den „Grünen“ geschehen) oder sollte man ggf. erst nach Abschluss der Ermittlungen Konsequenzen ziehen? Anders gefragt: Sollten Ihrer Meinung nach, private Verfehlungen (z.B. Körperverletzung oder Fahrerflucht) überhaupt Einfluss auf die Bewertung einer politischen Tätigkeit haben.
  2. Sollte der am 17. Juli 2011 außerplanmäßig gewählte Landrat für die volle Amtszeit (6 Jahre) im Amt bleiben, oder mit der turnusmäßigen Kommunalwahl im Frühjahr 2014 vorzeitig neu gewählt werden?

Ihrer Antwort sehen wir gerne entgegen und werden sie zeitnah und ungekürzt für die Leser von „Bürgersicht“ auf unserer Internetplattform einstellen.

Bernd Schuhböck

Redaktion Bürgersicht.de

Jetzt warten wir auf die Reaktionen, um sie zu gegebener Zeit hier auf Bürgersicht zu veröffentlichen.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

Schon gelesen?

Geisenfeld -Protest der Landwirte nimmt kein Ende

Landwirte in Oberbayern auf dem Weg zu einem Protesttreffen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert